In dem Raum in dem Sara mit mir das Gespräch führt kommst man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier verbindet sich die Wandfarbe mit dem in den vielen riesigen Klangschalen angelegeten Klanghaften und den beiden Menschen zu einem Ganzen, das sich jedem Gast anzupassen scheint.
Fast erschreckt man, dass von Sara gar nicht die mütterliche Strenge ausgeht, die man zunächst vermutet, sondern eine liebevolle Wärme aus diesen Augen in mich eindringt, die sich freudig auf die Suche nach meiner Schwingung, dem Kern meines Seins macht und jede Abweichung auszurichten beginnt.
Ich habe bei ihr auf Empfehlung einer Freundin einfach Zeit gebucht. Ich weiss, dass sie mit Yoga, Qigong, Klangschalen und Tongabeln arbeitet und wollte mich überraschen lassen, ob mir davon etwas helfen kann den letzten 30 Jahren Zivilisation, die über mich hinweggegangen sind, etwas abzutrotzen. Zu meinem Erstaunen, scheint es gar kein Programm zu geben, sondern Sara geht mit mir auf die Suche nach meinem Atem, meiner Bewegung und meinem Klingen. Kurz gesagt, ich habe mich vielleicht das letzte mal mit 10 so stimmig in meinem Körper gefühlt. Bewegung und Atmung konnten schon bald in meinem Tempo fliessen und sich über den Klang mit meiner Umwelt verbinden, so dass sich in mir das Gefühl von Ästhetik breit macht. Dieses Gefühl gibt mir auf einmal die Sicherheit, dass alles so wie es ist und vor allem wie es war, stimmig ist und zu mir gehört. Wenn ich nur meinen Teil dazu beitrage, dass das Ganze in seiner Vollendung bleiben darf.
Nach meinem eigentlichen Termin lade ich sie zu einer Tasse Tee in dem kleinen Café, das im selben Haus eingerichtet ist, und augenscheinlich auch ihre Handschrift trägt. Gerne möchte ich etwas über die Person erfahren. Ich frage sie, wie man zum Ästhetik-Trainer wird. Sie hat das so anscheinend noch nicht gehört und erklärt mir lachend wie ein kleines Mädchen, dass es ein Leben voller Streben nach Perfektion braucht, um die Position zu erkennen, die man selbst und andere einnehmen müssen. Aber es braucht die Erkenntnis des Scheiterns und der schweren Krise, auf und durch diesen Weg, um der authentischen individuellen Ästetik den Raum zu geben, die sie braucht um leicht und frei zu sein. Schön ist immer das, was ganz leicht neben dem Perfekten liegt.
Mein Körper scheint das bereits verstanden zu haben - meinem Geist gönne ich noch ein paar weitere Besuche.